Dunkel lagerte wieder über der Erde. Triumphierend beschattete es die Menschen und versperrte den Weg nach dem urgeistigen Reiche. Das Gotteslicht war von ihnen gewichen. Der Körper, der als irdisches Gefäß dazu gedient hatte, hing blutend und zerstört am Kreuze, als Opfer des Protestes derer, denen es das Glück und den heiligen Frieden bringen wollte. Auf dem Gipfel der gesamten Schöpfung, in der strahlenden Nähe Gottes, steht die Gralsburg als Tempel des Lichtes. In dieser herrschte große Trauer über die verirrten Menschengeister in der Tiefe, die sich in blindem Besserwissenwollen der Wahrheit feindselig verschlossen und bis zu dem Verbrechen an dem Gottessohne von dem haßerfüllten Dunkel peitschen ließen. Schwer senkte sich der von der Menschheit in dieser Art geschaffene Fluch auf alle Welt und drückte sie in nur noch größere Begriffsbeschränkung. - Mit ernstem Staunen sah ein Jüngling von der Gralsburg aus das ungeheuere Geschehen ... der zukünftige Menschensohn. Er war zu dieser Zeit bereits in seiner Ausbildung begriffen, die Jahrtausende in Anspruch nahm; denn wohlgerüstet sollte er hinab in jene Niederungen, wo das Dunkel durch der Menschen Wollen herrschte. Da legte sich dem Träumenden sanft eine Frauenhand auf die Schulter. Die Königin der Weiblichkeit stand neben ihm und sprach in liebevoller Traurigkeit: »Laß das Geschehen auf Dich wirken, lieber Sohn. So ist der Kampfplatz, den Du zu der Stunde der Erfüllung zu durchschreiten haben wirst; denn auf die Bitte des gemordeten Heilandes gewährt Gottvater, daß Du vor dem Gericht den Abtrünnigen noch einmal sein Wort verkündest, um die zu retten, die noch darauf hören wollen!« Stumm senkte der Jüngling sein Haupt und schritt zu innigem Gebet um Kraft, da der Widerhall so großer Gottesliebe machtvoll in ihm wogte! Schnell schwang die Kunde von der letzten, nochmaligen Gnadenmöglichkeit durch alle Sphären, und viele Seelen flehten Gott um die Gewährung, mithelfen zu dürfen an dem großen Werke der Erlösung aller derer, die den Weg zu Gott noch finden wollen. Gottvaters Liebe ließ es mancher Seele zu, der es zum Aufwärtskommen Vorteil brachte. In dankerfüllter Freude leistete die Schar der so Begnadeten jubelnd ein Treugelöbnis für Erfüllung der gewährten Dienensmöglichkeit. So wurden die Berufenen gebildet, welche sich dem Gottgesandten später zur Verfügung halten sollten, wenn dessen Stunde der Erfüllung auf der Erde kam. Mit Sorgfalt wurden sie für diese Aufgaben entwickelt und zu rechter Zeit auf Erden inkarniert, damit sie fertig sein konnten, sobald der Ruf an sie erging, auf den zu lauschen ihre erste Pflichterfüllung blieb.
Unterdessen wurde das Vermächtnis des gemordeten Gottessohnes, sein lebendiges Wort, auf Erden nur zu Eigenzwecken ausgenützt. Den Menschen fehlte dabei jeder Begriff der wahren Christusprinzipien. Sie lebten sich im Gegenteil in eine so falsche, rein irdische Liebedienerei hinein, daß sie zuletzt alles andere als nicht von Gott kommend ablehnten, und heute noch ablehnen und anfeinden, was nicht in dieser von ihnen gewünschten widerlichen Weichlichkeit sich zeigt, was nicht einen gleichen, so ungesunden, sklavischen Menschheitskult treibt. Alles, wo als Grundlage die menschliche Oberhoheitsanerkennung fehlt, wird einfach als falsch und nicht zu Gottes Wort gehörend bezeichnet. Unter diesem Gebaren verbirgt sich aber in Wirklichkeit nichts anderes als die ängstliche Sorge, daß die schon längst empfundene Hohlheit des falschen Baues offenbar werden könnte. Das hatte man aus dem heiligen Vermächtnis des Gottessohnes gemacht! Unter solchen erniedrigenden Voraussetzungen gab man seine klaren Worte allzumenschlich deutend weiter. Mit Menschenschwächen buhlend wurden Anhänger geworben, bis man etwas Erdenmacht entfalten konnte, auf die das letzte Ziel immer gerichtet blieb. Dann aber zeigte man sehr bald in bestialischen Grausamkeiten, wie weit entfernt die Träger des verkannten Christusprinzipes von dessen wirklichem Verständnis waren, wie wenig sie es lebten. Dauernd und immer schärfer wurde der Beweis erbracht, daß gerade die Christusprinzipträger-sein-Wollenden die ärgsten Feinde und größten Beleidiger des wirklichen Christusprinzipes waren, schamlos und unverzeihbar! Die ganze Geschichte nach Christi Erdensein zeigt mit Beginn der Kirchen in unauslöschbar eingegrabenen und eingebrannten Runen diese Tatsachen so klar, daß sie nie bestritten oder abgeschwächt zu werden vermögen. Das Schandmal der bewußten Heuchelei wurde durch die lange Geschichte der Einzel- und Massenmorde unter sträflichen Gottanrufungen unverhüllbar errichtet, woran noch heute an vielen Stellen weitergebaut wird, nur in veränderten, der Jetztzeit angepaßten Formen. So nahm das Dunkel immer mehr an Schwärze zu, dank der Bereitwilligkeit aller Menschengeister, je mehr sich die Zeit näherte, in der der Menschensohn auf Erden inkarniert zu werden hatte. Freudige Bewegung in den Elementen kündete die irdische Geburt. Engel geleiteten ihn liebevoll hinab auf diese Erde. Urgeschaffene bildeten einen festen Wall um ihn und seine Erdenkindheit. Sonnig durfte seine Erdenjugend sein. Wie einen Gruß Gottvaters sah er abends strahlend den Kometen über sich, den er als selbstverständlich, als zu den Gestirnen gehörend betrachtete, bis ihm die Binde vorgelegt wurde, die er in seiner bitteren Erdenausbildung zu tragen hatte. Fremd schien es dann um ihn zu sein, nur eine hohe, unstillbare Sehnsucht füllte seine Seele, die sich bis zur Unrast steigerte, zu dauerndem, nervösem Suchen. Sie ließ sich durch nichts stillen, was die Erde bot. Die feinstoffliche Binde vor den Augen, stand er nun auf feindlichem Gebiete dem Dunkel gegenüber, auf einem Kampfplatze, wo alles Dunkel fester Fuß aufsetzen konnte als er selbst. Deshalb lag es in der Natur der Sache, daß überall, wo er etwas zu unternehmen suchte, kein Widerhall erklingen konnte und kein Erfolg erwuchs, sondern nur das Dunkel immer feindlich aufzischte. Solange die Zeit der Erfüllung für ihn nicht gekommen war, konnte das Dunkel immer stärker bleiben und ihn dort irdisch schädigen, wo er sich irgendwie irdisch betätigte; denn alles Irdische mußte dem Gottgesandten ganz naturgemäß nur feindlich gegenüberstehen, weil alles Menschenwollen heute gegen wahren Gotteswillen sich gerichtet hat, trotz angeblichen Suchens nach der Wahrheit, hinter dem sich immer nur der Eigendünkel birgt in vielerlei Gestaltungen. Leicht fand das Dunkel überall willige Kreaturen, um den Lichtgesandten aufzuhalten, ihn empfindlich schmerzend zu verletzen. So wurde seine Erdenlernzeit zu dem Weg des Leidens.
So, wie das Geistige in großer Kraft anscheinend magnetartig anziehend und haltend auf das Wesenhafte, Feinstoffliche und Grobstoffliche wirkt, in gleicher und noch viel stärkerer Art muß das, was seinen Ursprung über dem Geistigen in der Nachschöpfung hat, auf alles unter ihm wirken. Als natürliches Geschehen, das nicht anders möglich ist. Es sieht in der Wirkung einer Anziehungskraft jedoch nur ähnlich. Anziehungskraft in dem bekannten Sinne hat nur die Gleichart gegenseitig. Hierbei handelt es sich aber um die bestehende Macht des Stärkeren in rein sachlichem, edelstem Sinne! Nicht irdisch-menschlich gedacht; denn in der Grobstofflichkeit ist dieses Gesetz wie alles andere in seiner Auswirkung durch Zutun der Menschen verroht. Die natürliche Auswirkung dieser herrschenden Macht zeigt sich in äußerer Form wie ein magnetartiges Anziehen, Zusammenfassen, Zusammenhalten, Beherrschen. Aus diesem Gesetz heraus fühlten sich nun auch die Menschen zu diesem verhüllten, stärkeren Fremdling aus der Höhe magnetartig hingezogen, wenn auch vielfach feindlich widerstrebend. Die dichten Hüllen, die er um sich trug, vermochten nicht ganz das Durchdringen dieser auf der Erde fremden Kraft zu dämmen, während diese wiederum auch noch nicht frei erstrahlen konnte, um die unwiderstehliche Macht auszuüben, die sie nach dem Abfallen der auferlegten Hüllen zur Stunde der Erfüllung hat. Das brachte Zwiespalt unter die Empfindungen der Menschen. Das Sein des Fremdlings ganz allein erweckte schon in ihnen bei Zusammenkommen Hoffnungsgedanken der verschiedensten Arten, die sich leider aus ihrer Gesinnung heraus immer nur in irdische Wünsche verdichteten, welche sie in sich nährten und steigerten. Der Fremdling aber konnte derartige Wünsche nie beachten, da seine Stunde noch nicht war. Dadurch sahen sich viele in ihrer eigenen Einbildung oft schwer getäuscht, fühlten sich sogar sonderbarerweise betrogen. Sie überlegten nie, daß es in Wirklichkeit nur ihre eigenen selbstsüchtigen Erwartungen gewesen waren, die sich nicht erfüllten, und luden, in ihrer Enttäuschung darüber empört, die Verantwortung dafür dem Fremdling auf. Doch dieser rief sie nicht, sondern sie drängten sich ihm auf und hängten sich an ihn, aus diesem