Viele junge Deutsche wollen lieber an einer Universität studieren, als eine Ausbildung in einem Unternehmen zu beginnen. Wer sein Studium abbricht, hat deshalb gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz.
Im dritten Semester zog Niklas Hönmann die Reißleine: Sein Studium war nicht das, was er sich versprochen hatte. „Ich sah keine Verbindung zum späteren Berufsleben“, sagt der 23-Jährige. Seit eineinhalb Jahren ist Hönmann nun Azubi und lernt den Beruf des Industriekaufmanns. „Im Studium schrieb ich zwar meine Klausuren, hatte aber nicht das Gefühl, etwas geleistet zu haben.“
Seine Lehrstelle hat der Studienabbrecher durch ein Projekt der Stadt Aachen gefunden. Es kooperiert mit den Hochschulen und rund 150 meist kleineren und mittleren Unternehmen aus der Region, um einen „fließenden Übergang von einem erfolglosen Studium in eine erfolgreiche Ausbildung“ zu ermöglichen, meint Projektleiter Peter Gronostaj. Bei über 250 Studienabbrechern ist das bisher gelungen.
In den letzten Jahren bemühen sich die Firmen gezielt um Studienabbrecher, denn viele Unternehmen haben Probleme, geeignete Azubis zu finden. Das liegt auch daran, dass viele junge Deutsche lieber studieren, als eine Ausbildung zu machen. Allein in der Hochschulstadt Aachen geben jedes Jahr etwa 3500 ihr Studium auf. Deshalb werben einige Vermittlungsprojekte auch direkt an der Universität und versuchen, Studenten von einer Ausbildung zu überzeugen.
Manchmal profitieren Studienabbrecher dabei auch von ihrem Studium. Wenn Studien- und Ausbildungsinhalte ähnlich sind, können die Studienabbrecher ihr Wissen aus dem Studium bei manchen Ausbildungen anrechnen lassen. Im günstigsten Fall können sie die Lehre in der Hälfte der Regelzeit beenden. „Je länger man an der Hochschule war, desto schneller will man die verlorene Zeit nachholen“ erklärt Peter Gronostaj.