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Heinrich Böll - Ansichten eines Clowns - 35 | Текст песни

Schließlich fingen wir an zu reden, und wir redeten viel. Sie sagte, sie denke an die Frauen in Köln, die »diese Sache« für Geld machten und wohl glaubten, sie wäre mit Geld zu bezahlen, aber es wäre nicht mit Geld zu bezahlen, und so stünden alle Frauen, deren Männer dorthin gingen, in ihrer Schuld, und sie wolle nicht in der Schuld dieser Frauen stehen. Auch ich redete viel, ich sagte, daß ich alles, was ich über die sogenannte körperliche Liebe und über die andere Liebe gelesen hätte, für Unsinn hielte. Ich könnte das nicht voneinander trennen, und sie fragte mich, ob ich sie denn schön fände und sie liebte, und ich sagte, sie sei das einzige Mädchen, mit dem ich »diese Sache« tun wollte, und ich hätte immer nur an sie gedacht, wenn ich an die Sache gedacht hätte, auch schon im Internat; immer nur an sie.
Schließlich stand Marie auf und ging ins Badezimmer, während ich auf ihrem Bett sitzenblieb, weiterrauchte und an die scheußlichen Pillen dachte, die ich hatte in die Gosse rollen lassen. Ich bekam wieder Angst, ging zum Badezimmer rüber, klopfte an, Marie zögerte einen Augenblick, bevor sie ja sagte, dann ging ich rein, und sobald ich sie sah, war die Angst wieder weg. Ihr liefen die Tränen übers Gesicht, während sie sich Haarwasser ins Haar massierte, dann puderte sie sich, und ich sagte: »Was machst du denn da ?« Und sie sagte: »Ich mach mich schön.« Die Tränen gruben kleine Rillen in den Puder, den sie viel zu dick auftrug, und sie sagte: »Willst Du nicht doch wieder gehn?« Und ich sagte »Nein.« Sie betupfte sich noch mit Kölnisch Wasser, während ich auf der Kante der Badewanne saß und mir überlegte, ob zwei Stunden wohl ausreichen würden; mehr als eine halbe Stunde hatten wir schon verschwätzt. In der Schule hatte es Spezialisten für diese Fragen gegeben: wie schwer es sei, ein Mädchen zur Frau zu machen, und ich hatte dauernd Günther im Kopf, der Siegfried vorschicken mußte, und dachte an das fürchterliche Nibelungengemetzel, das dieser Sache wegen entstanden war, und wie ich in der Schule, als wir die Nibelungensage durchnahmen, aufgestanden war und zu Pater Wunibald gesagt hatte: »Eigentlich war Brunhild doch Siegfrieds Frau«, und er hatte gelächelt und gesagt: »Aber verheiratet war er mit Krimhild, mein Junge«, und ich war wütend geworden und hatte behauptet, das wäre eine Auslegung, die ich als »pfäffisch« empfände. Pater Wunibald wurde wütend, klopfte mit dem Finger aufs Pult, berief sich auf seine Autorität und verbat sich eine »derartige Beleidigung«. Ich stand auf und sagte zu Marie: »Wein doch nicht«, und sie hörte auf zu weinen und machte mit der Puderquaste die Tränenrillen wieder glatt. Bevor wir auf ihr Zimmer gingen, blieben wir im Flur noch am Fenster stehen und blickten auf die Straße: es war Januar, die Straße naß, gelb die Lichter über dem Asphalt, grün die Reklame über dem Gemüseladen drüben: Emil Schmitz. Ich kannte Schmitz, wußte aber nicht, daß er Emil mit Vornamen hieß, und der Vorname Emil kam mir bei dem Nachnamen Schmitz unpassend vor. Bevor wir in Maries Zimmer gingen, öffnete ich die Tür einen Spalt und knipste drinnen das Licht aus.

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