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Heinrich Böll - Ansichten eines Clowns - 13 | Текст песни

(11)
Ich drehte das Badewasser ab, zog den Rock aus, Hemd und Unterhemd über den Kopf, und warf sie in die Ecke und wollte gerade ins Bad steigen, als das Telefon klingelte. Ich kenne nur einen Menschen, der das Telefon so vital und männlich ans Klingeln bringen kann: Zohnerer, mein Agent. Er spricht so nah und aufdringlich ins Telefon, daß ich jedesmal Angst habe, seine Spucke mitzubekommen. Wenn er mir Freundliches sagen will, fängt er das Gespräch mit: »Sie waren gestern großartig« an; das sagt er einfach, ohne zu wissen, ob ich wirklich großartig war oder nicht; wenn er mir Unfreundliches sagen will, fängt er an mit: »Hören Sie, Schnier, Sie sind kein Chaplin«; er meinte damit gar nicht, ich wäre kein so guter Clown wie Chaplin, sondern nur, ich wäre nicht berühmt genug, um mir irgend etwas zu erlauben, über das sich Zohnerer geärgert hat. Heute würde er nicht einmal Unfreundliches sagen, er würde auch nicht, wie er es immer tat, wenn ich eine Vorstellung abgesagt hatte, den bevorstehenden Weltuntergang verkünden. Er würde mich nicht einmal der »Absagehysterie« bezichtigen. Wahrscheinlich hatten auch Offenbach, Bamberg und Nürnberg abgesagt, und er würde mir am Telefon vorrechnen, wieviel Unkosten inzwischen auf meinem Konto stünden. Der Apparat klingelte weiter, kräftig, männlich, vital, ich war drauf und dran, ein Sofakissen drüberzuwerfen -, zog aber meinen Bademantel über, ging ins Wohnzimmer und blieb vor dem klingelnden Telefon stehen. Manager haben Nerven, Standvermögen, Worte wie »Sensibilität der Künstlerseele« sind für sie Worte wie »Dortmunder Aktienbier«, und jeder Versuch, mit ihnen ernsthaft über Kunst und Künstler zu reden, wäre reine Atemverschwendung. Sie wissen auch genau, daß selbst ein gewissenloser Künstler tausendmal mehr Gewissen hat als ein gewissenhafter Manager, und sie besitzen eine Waffe, gegen die keiner ankommt: die nackte Einsicht in die Tatsache, daß ein Künstler gar nicht anders kann, als machen, was er macht: Bilder malen, als Clown durch die Lande ziehen, Lieder singen, aus Stein oder Granit »Bleibendes« herauszuhauen. Ein Künstler ist wie eine Frau, die gar nicht anders kann als lieben, und die auf jeden hergelaufenen männlichen Esel hereinfällt. Zur Ausbeutung eignen sich am besten Künstler und Frauen, und jeder Manager hat zwischen eins und neunundneunzig Prozent von einem Zuhälter. Das Klingeln war reines Zuhälterklingeln. Er hatte natürlich von Kostert erfahren, wann ich von Bochum abgefahren war, und wußte genau, daß ich zu Hause war. Ich band den Bademantel zu und nahm den Hörer auf. Sofort schlug mir sein Bieratem ins Gesicht. »Verflucht, Schnier«, sagte er, »was soll das, mich so lange warten zu lassen.«
»Ich unternahm gerade den bescheidenen Versuch, ein Bad zu nehmen«, sagte ich, »sollte das vertragswidrig sein?«
»Ihr Humor kann nur Galgenhumor sein«, sagte er.
»Wo ist der Strick«, sagte ich, »baumelt er schon?«
»Lassen wir die Symbolik«, sagte er, »reden wir über die Sache.«
»Ich habe nicht mit Symbolen angefangen«, sagte ich.
»Egal, wer von was angefangen hat«, sagte er, »Sie scheinen also fest entschlossen, künstlerisch Selbstmord zu begehen.«
»Lieber Herr Zohnerer«, sagte ich leise, »würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie Ihr Gesicht etwas vom Hörer abwendeten - ich krieg Ihren Bieratem so unmittelbar ins Gesicht.«
Er fluchte in Rotwelsch vor sich hin: »Knordenpuppe, Faikenegon«, lachte dann: »Ihre Frechheit scheint ungebrochen. Wovon sprachen wir noch?«
»Von Kunst«, sagte ich, »aber wenn ich bitten dürfte: reden wir lieber übers Geschäft.«
»Dann hätten wir kaum noch miteinander zu reden«, sagte er, »hören Sie, ich gebe Sie nicht auf. Verstehen Sie mich?«
Ich konnte vor Erstaunen nicht antworten.
»Wir ziehen Sie für ein halbes Jahr aus dem Verkehr...

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