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Heinrich Böll - Ansichten eines Clowns - 18 | Текст песни

Ich war drauf und dran, danke zu sagen, aber es kam mir unangebracht vor, und so legte ich einfach auf und wischte mir den Schweiß ab. Ich bin sehr geruchsempfindlich, und der intensive Kohlgeruch hatte mein vegetatives Nervensystem mobilisiert. Ich dachte auch über die Methoden der kirchlichen Behörden nach: es war ja nett, daß sie einem alten Mann das Gefühl gaben, noch nützlich zu sein, aber ich konnte nicht einsehen, daß sie einem Schwerhörigen und so schrulligen alten Knaben ausgerechnet den Telefondienst übergaben. Den Kohlgeruch kannte ich vom Internat her. Ein Pater dort hatte uns mal erklärt, daß Kohl als sinnlichkeitsdämpfend gelte. Die Vorstellung, daß meine oder irgend jemandes Sinnlichkeit gedämpft wurde, war mir ekelhaft. Offenbar denken sie dort Tag und Nacht nur an das »fleischliche Verlangen«, und irgendwo in der Küche sitzt sicherlich eine Nonne, die den Speisezettel aufsetzt, dann mit dem Direktor darüber spricht, und beide sitzen sich dann gegenüber und sprechen nicht darüber, aber denken bei jeder Speise, die auf dem Zettel steht: das hemmt, das fördert die Sinnlichkeit. Mir erscheint eine solche Szene als ein klarer Fall von Obszönität, genau wie dieses verfluchte, stundenlange Fußballspielen im Internat; wir wußten alle, daß es müde machen sollte, damit wir nicht auf Mädchengedanken kämen, das machte mir das Fußballspielen widerlich, und wenn ich mir vorstelle, daß mein Bruder Leo Kohl essen muß, damit seine Sinnlichkeit gedämpft wird, möchte ich am liebsten in dieses Ding gehen und über den ganzen Kohl Salzsäure schütten. Was die Jungen da vor sich haben, ist auch ohne Kohl schwer genug: es muß schrecklich schwer sein, jeden Tag diese unfaßbaren Sachen zu verkündigen: Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben. Im Weinberg des Herrn herumzuackern und zu sehen, wie verflucht wenig Sichtbares da herauskommt. Heinrich Behlen, der so nett zu uns war, als Marie die Fehlgeburt hatte, hat mir das alles einmal erklärt. Er bezeichnete sich mir gegenüber immer als »ungelernter Arbeiter im Weinberg des Herrn, sowohl was die Stimmung wie was die Bezahlung anbetrifft«.
Fast hätte ich den schwerhörigen alten Pfeifenraucher in Leos Konvikt noch einmal angerufen: ich hätte mich gern mit ihm über das fleischliche Verlangen unterhalten. Ich hatte Angst, einen von denen anzurufen, die ich kannte: dieser Unbekannte würde mich wahrscheinlich besser verstehen. Ich hätte ihn gern gefragt, ob meine Auffassung vom Katholizismus richtig sei. Es gab für mich nur vier Katholiken auf der Welt: Papst Johannes, Alec Guinness, Marie und Gregory, einen altgewordenen Negerboxer, der fast einmal Weltmeister geworden wäre und sich jetzt in Varietes kümmerlich als Kraftmensch durchschlug. Hin und wieder im Turnus der Engagements traf ich ihn. Er war sehr fromm, richtig kirchlich, gehörte dem Dritten Orden an und trug sein Skapulier immer vorne auf seiner enormen Boxerbrust. Die meisten hielten ihn für schwachsinnig, weil er fast kein Wort sprach und außer Gurken und Brot kaum etwas aß; und doch war er so stark, daß er mich und Marie auf seinen Händen wie Puppen vor sich her durchs Zimmer tragen konnte. Es gab noch ein paar Katholiken mit ziemlich hohem Wahrscheinlichkeitsgrad : Karl Emonds und Heinrich Behlen, auch Züpfner. Bei Marie fing ich schon an zu zweifeln: ihr »metaphysischer Schrecken« leuchtete mir nicht ein, und wenn sie nun hinging und mit Züpfner all das tat, was ich mit ihr getan hatte, so beging sie Dinge, die in ihren Büchern eindeutig als Ehebruch und Unzucht bezeichnet wurden. Ihr metaphysischer Schrecken bezog sich einzig und allein auf meine Weigerung, uns standesamtlich trauen, unsere Kinder katholisch erziehen zu lassen. Wir hatten noch gar keine Kinder, sprachen aber dauernd darüber, wie wir sie anziehen,

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