Carl Loewe: Schwalbenmärchen (Ferdinand Freiligrath (1810-1876))
Auf dem stillen, schwülen Pfuhle tanzt die dünne Wasserspinne; unten auf krystallnem Stuhle thront die Unkenköniginne. Von den edelsten Metallen hält ein Reif ihr Haupt umzogen, und wie Silberglocken schallen Unkenstimmen durch die Wogen.
Denn der Lenz erschien; die Schollen sind zerflossen; Blüten zittern; dumpfe Frühlingsdonner rollen durch die Luft, schwarz von Gewittern. Wasserlilienkelche fliessen auf des Teiches dunkelm Spiegel, und die ersten Schwalben schiessen drüber hin mit schnellem Flügel.
Aus den zarten Schnäbeln leise tönt Gezwitscher in die Wellen: »Viele Grüße von der Reise haben wir dir zu bestellen. Lange waren wir im fremden sandbedeckten heissen Ländern, wo in weiten Kaftanhemden träge Turbanträger schlendern.
Purpurfarbne Wunderpflanzen dienten uns zu Meilenweisern; gelbe Mauren sah'n wir tanzen nackt vor ihren Leinwandhäusern. Lechzend auf dem warmen Sattel saß der Araber, der leichte, während Ziegenmilch und Datel ihm aufs Pferd die Gattin reichte.
Auf die Jagd der Antilopen, Kriegerisch, mit Spiess und Pfeile, zogen schlanke Aethiopen; klagend tönte Memnons Säule Aus des Niles Flut getrunken haben wir, matt von der Reise; Gruß dir, Königin der Unken, von dem königlichen Greise!
Alles grüßt dich, Blumen, Blätter! Doch zumeist der Grüße viele bringen wir von deinem Vetter, ja von deinem lieben Vetter, von dem Krokodil im Nile!«