Villon Mein kleines Zigeunermädchen Als man mich verstieß ins Unbekannt, da warst du, schwarzes Tier, mein Vaterland. Leg mir deine Wurzelhand aufs Haar, reich mir deinen roten Muschelmund; daß ich herrenloser Straßenhund wieder weiß, was ich vor Jahren war, Dichter manchmal, manchmal auch Soldat, den die Welt wie einen Wurm zertrat.
Viele Tiere sind mit rotem Blut durch mein Ich geschwommen, bis die Flut überlief von mir. Wer kann dafür, daß er nicht in jeden Stiebel paßt? Wenn ich jetzt den Menschen so verhaßt und verekelt bin wie ein Geschwür: Kleines schwarzes Luder du, komm, komm her, deine Liebe wiegt Jahrtausend schwer.
Waisenkinder sind wir beide jetzt, angespien und herumgehetzt. Aber unser Blut ist noch so rot, daß wir tanzen müssen, wenn es wild durch die Adern schwillt und, nie gestillt, uns im Traum noch quält bis auf den Tod. Im lauen Wind der Mitternacht, hab ich dir im Kraut ein Bett gemacht.
Und der Mond, der brennt auf deinen Bauch, daß du in dem heißen Silberschein in den weißen Anemonen da, schöner aufblühst, Stern von Afrika! Stern!
Mein Stern, der mir noch manche Sommernacht leuchten möchte, mir zum Glück gemacht. Über uns ist nur das Kraut erbaut mit den weißen Lämmerwolken drin. Und das Gras, das reicht uns bis zum Kinn, bis daß unsre Leiber auch sich zu Kraut schon verwandelt haben, hier im Wald: Du und ich schon ein Jahrtausend alt.
Hier, von aller Kümmernis entflohn, ist auch dieser Wald ein Gottessohn, der die Hände uns zusammenlegt. Un dwie manchmal aus dem grauen Staub auferhoben wird das rote Laub, treiben wir vom Morgenwind bewegt, durch die breiten Flüsse in das Meer, wo kein Grund mehr ist und keine Wiederkehr.