Schoenberg: Erwartung, Op. 17 - 4. Er Is Auch Nicht Da
IV. Szene Mondbeschienene, breite Straße, rechts aus dem Walde kommend. Wiesen und Felder (gelbe und grüne Streifen abwechselnd). Etwas nach links verliert sich die Straße wieder im Dunkel hoher Baumgruppen. Erst ganz links sieht man die Straße frei liegen. Dort mündet auch ein Weg, der von einem Hause herunterführt. In diesem alle Fenster mit dunklen Läden geschlossen. Ein Balkon aus weißem Stein. (Die Frau kommt langsam, erschöpft. Das Gewand ist zerrissen, die Haare verwirrt. Blutige Risse an Gesicht und Händen. Umschauend:)
Er ist auch nicht da … Auf der ganzen, langen Straße nichts Lebendiges … und kein Laut … (Schauer; lauschend:) Die weiten blassen Felder sind ohne Atem, wie erstorben … kein Halm rührt sich … (Sieht die Straße entlang:) Noch immer die Stadt … Und dieser fahle Mond … Keine Wolke, nicht der Flügelschatten eines Nachtvogels am Himmel … diese grenzenlose Totenblässe … (Sie bleibt schwankend stehen:) Ich kann kaum weiter … Und dort läßt man mich nicht ein … Die fremde Frau wird mich fort jagen! … Wenn er krank ist … (Sie hat sich in die Nähe der Baumgruppen geschleppt, unter denen es vollständig dunkel ist:) Eine Bank … ich muß ausruhen … (Müde, unentschlossen, sehnsüchtig:) Aber so lang hab ich ihn nicht gesehen … (Sie kommt unter die Bäume, stößt mit den Füßen an etwas:) Nein, das ist nicht der Schatten der Bank (mit dem Fuß tastend, erschrocken:) Da ist jemand … (Beugt sich nieder, horcht:) Er atmet nicht … (Sie tastet hinunter:) Feucht … hier fließt etwas … (Sie tritt aus dem Schatten ins Mondlicht:) Es glänzt rot … Ach, meine Hände sind wund gerissen … Nein, es ist noch naß, es ist von dort … (Versucht mit entsetzlicher Anstrengung den Gegenstand hervorzuzerren:) Ich kann nicht. (Bückt sich. Mit furchtbarem Schrei:) Das ist er: (sie sinkt nieder.) (Nach einigen Augenblicken erhebt sie sich halb, so daß ihr Gesicht den Bäumen zugewendet ist. Verwirrt:)