Und Pan spielt die Flöte (Desîhras Tagebuch Kapitel II)
Ein Elixier aus kalten Urnen lebhaft floss in unsrem Blut Das Kriechervolk im Schlamm sprach falsch und schürte unsre Wut Wie Märchen kamen Schriften auf uns und vergess'ne Lieder Besuchten uns in unsren Träumen, kehrten stetig wieder Und trotz der Flüche und des Zorns war Platz für frohe Worte Wir lachten, denn wir glaubten noch an andre, bess're Orte Ein mildes Lächeln ob der eklen Kriecher tumben Possen Doch bald lag alles weit zurück und schien mir wie zerflossen
Niemals wird Vergessen die Gebeine dieser Tage Gleich Lethes Flut verschlingen, sind die Zeiten auch verronnen Denn nichts ward je begraben, und was bleibt, sind Kenotaphe Und ein Blick zurück, den Pfad entlang, der irgendwo begonnen
Auch heute sucht mein Blick nicht lange vor Frühlingserwachen Auf der anderen Flussseite die großen, kahlen Bäume Und wenn hinter mir wie Messing blutend sich die Sonne senkt Dann leuchtet warm das kalte Holz und schickt mir neue Träume Und dieser Fluss, der viel gesehen, viel mit sich genommen Was wäre, wenn er ruhte wie ein See, nicht fließend, sondern still Und alles, was man ihm geschenkt, behielte und verwahrte Wäre dann mein Spiegelbild in ihm ein andres Bild...?
Was bleibt, sind viele Worte, deren viele nicht geschrieben Was bleibt sind schöne Bilder, die fast alle nicht gemalt Und Träume, die verwahren, was noch wartet auf Erfüllung Und die Hoffnung, dass noch irgendwann der alte Glanz erstrahlt Was bleibt, sind diese Zeilen, die mehr fühlen als sie sagen Was bleibt, sind diese Lieder, die aus tausend Träumen klingen Und vieles wird verloren sein, und keiner wird es finden Doch irgendwer wird irgendwann noch diese Lieder singen
Als eines nachts der Frühling kam, da brachte er die Freude Schuf Sinnbilder der Lebenslust und nie gekannte Freiheit Und schrieb in meinen Träumen dennoch Sagen voller Trauer Und Mythen voller Weltenschmerz toter Vergangenheit
Der Finsternis, die wir erdacht, erwuchsen neue Pfade Die kannten einen Weg ans Licht, obschon sie voller Schwärze Der Taumel der Gefühle war der Hirte dieser Wege Denn das Ziel all jener Reisen war ein Spiegelbild der Herzen
Verzweiflung und Verzücken waren untrennbar verworren Der Widerspruch in allem schien sich selber zu verspotten Die Gier, die Pein zu spüren, schrie in meinen heißen Schläfen Und um unsere Fluchtburg schien ein Weltbild zu verrotten
In kalten Katakomben wuchsen greuliche Visionen Und unter einem jungen Himmel starb ein alter Frieden Und dennoch schien ein Zerrbild seiner selbst sich zu verhöhnen Und stürzte sich auf all die Missgeburten, die uns mieden
So waren also Hass und Liebe untrennbar verbunden So war der Weg zu neuen Ufern nicht zu überschauen So war doch dieser Weg der einz'ge Pfad, den wir verstanden So spürten wir nicht ohne Qual des Lebens eis'ge Klauen
Und unvermittelt sah ich den Spiegeln nur noch Schöpfer Und Welten, die zuletzt ich in der Kinderstube sah Der Zwiespalt zwischen Traum und Überleben schuf ein Chaos Das unter Schmerzen und doch lächelnd eine neue Welt gebar
Und so entstanden Worte, die auf taube Ohren stießen Wie Artefakte eines Traums in einer toten Welt Gesten, die dem blinden Mob wie zum Verzehr geboten Was, wenn der letzte Barde unrettbar ins Diesseits fällt...?
Desîhras Tagebuch Schreibt in meinem Herzblut Von Wahnsinn und von Weisheit In reich verzierten Lettern Desîhras Tagebuch Weiß um einen alten Fluch Liest zwischen allen Zeilen In leicht vergilbten Blättern
"Sieh nur die Puppen, sie tanzen In dämmrigem, kränkelndem Licht Sieh nur die Augen, dem Schmerz und die Angst Der Schrecken im lächelndem Puppengesicht Sieh nur die lieblic