Sie ist auf die Welt gekommen. Sie hat in die Windeln gemacht. Sie hat Brust und Flasche genommen. Sie hat zum ersten Mal gelacht. Sie hat ihren Eltern die Nacht unterbrochen. Sie hat ihr erstes Wort gedacht. Sie hat ihr erstes Wort gesprochen und ihre Mutter zum Lachen gebracht. Und sie hat ihren ersten Schritt getan, unsicher, mit weichen Knie’n. Ein winziger Schritt für die Menschheit. Ein gewaltiger Schritt für sie.
Sie ist zur Schule gegangen. Sie hat Lesen und Schreiben gelernt. Sie hat Ball gespielt und Fangen und für ihre Lehrerin geschwärmt. Sie hat Gedichte und Geschichten geschrieben. Sie hat ein Tagebuch geführt. Sie ist einmal sitzengeblieben; irgendwie hat die Schule sie nicht mehr interessiert. Dann hat sie eine Tasche vollgepackt, ist losgetrampt, frei wie noch nie. Ein belangloser Schritt für die Menschheit. Ein notwendiger Schritt für sie.
Sie hat Grenzen überschritten. Sie hat andere Menschen geseh’n, mit neuen Sprachen, fremden Sitten, und hat gelernt, sie zu versteh’n. Sie hat unbeschreibliche Gerichte gegessen, unwahrscheinliche Erzählungen gehört. Sie hat bei den Wehrlosen gesessen und die Zufriedenheit der Bürger gestört. Sie hat verstanden, was die Menschen treibt sich hinzulegen oder aufzusteh’n. Ein hoffnungsvoller Schritt für die Menschheit. Doch die hat davon nichts geseh’n.
Denn ihr ist ein Mann begegnet irgendwann im Monat Mai. Ein grauer Tag, es hat geregnet; und plötzlich war sie nicht mehr frei. Sie ist für immer bei diesem Mann geblieben. Drei Kinder, Reiheneckhaus, Hund. Sie hat nie das große Buch geschrieben. Die Menschheit hat nichts gehört aus ihrem Mund. Sie hat gelebt, wie’s alle ander’n tun, ein Leben in privater Harmonie. Ein ganz fataler Schritt für die Menschheit. Ein ganz normaler Schritt für sie.