Die Schuldigkeit des ersten Gebots (K. 35): II [Recitativo] — Die löblich’ und gerechte Bitte
GERECHTIGKEIT Die löblich' und gerechte Bitte, die du dem Heil der Sterblichen zu gut mitleidend mir hast vorgebracht, ist mir zwar angenehm, doch bin ich nicht bedacht, den faulen Knechten zu verschonen: du weisst, mein ist, die Frommen zu belohnen und jene abzustrafen, wenn sie durch Büssen und Bereuen sich nicht der Schuld befreien; und dies geschieht durch unverdiente Gnade, die nur des Höchsten Güte allein gewähren kann, so wie es ihr gefällt.
CHRISTGEIST Wohlan! so sei mein wiederholtes Flehen auf gleiche Weis' an dich gestellt, o göttliches Erbarmen!
BARMHERZIGKEIT Was je erwartest du?
CHRISTGEIST Ach! Alles von deiner Huld und deinen Helferarmen.
BARMHERZIGKEIT Und was bekümmert dich so sehr?
CHRISTGEIST Ach, der bedauernswerte Stand, die Blindheit, die Gefahr der lauen Menschensöhne, die kleine Zahl, die sich bemüht, zu gehn den schmalen Weg zum wahren Vaterland; die Menge, die zum öffnen Hollenschlund mit dem betörten Haufen auf breiter Blurnenstrasse laufen. Der schlaue Geist der Welt, der unter Blendewerk verhüllt die Sünden und Gefahren, entführet ganze Scharen.