Meral Sahin sitzt zwischen bunten Papieren und Stoffen in einem Dekorationsgeschäft in der Kölner Keupstraße. Hier und in den Nachbarstraßen leben sehr viele Türken. Im Juni 2014 jährte sich hier zum zehnten Mal ein Bombenanschlag, den eine rechtsradikale Gruppe verübt hatte. 22 Menschen wurden damals verletzt, vier davon schwer. Die Polizei hatte zunächst vermutet, dass die Attentäter Ausländer sind.
Zum Gedenken an die Tat gab es im Sommer ein großes Kulturfest. 70.000 Menschen feierten den ganzen Tag lang gemeinsam, und Politiker und Sozialarbeiter sprachen über Integration und Solidarität und den gemeinsamen Kampf gegen Rechtsradikale. Damals kam auch Bundespräsident Joachim Gauck, schritt neben Meral Sahin durch ihre Straße und besuchte die Moschee in einem Hinterhof.
Aber jetzt macht sich Meral wieder Sorgen, diesmal über das Vordringen der Terrormiliz des Islamischen Staats im Nord-Irak und in Syrien. „IS hat mit Religion nichts zu tun“, sagt sie. „Das sind Terroristen, die Allahs Namen missbrauchen!“
Meral Sahin weiß nicht, ob die Menschen in Deutschland zwischen friedliebenden Muslimen und gewalttätigen Islamisten unterscheiden. Sie hofft es, aber sie hat Angst vor Entfremdung. Auch eine Passantin mit türkischen Wurzeln und deutschem Pass sagt: "Wir fürchten, dass wir mit den Terroristen in einen Topf geworfen werden. Dass nicht geschaut wird, dass diese Menschen keine Muslime sind, sondern Mörder."
Glossar
anti-islamisch – feindlich gegenüber Muslimen
morden – einen Mord begehen; jemanden töten
Miliz, -en (f.) – hier: eine Gruppe, die wie Soldaten kämpft
empört – wütend
Dekorationsgeschäft, -e (n.) – ein Geschäft mit schönen Sachen für die Wohnung
sich jähren – an diesem Tag vor ein oder mehreren Jahren passiert sein
einen Anschlag verüben – der Versuch, jemanden zu töten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (meist aus politischen Gründen)